Engpass der Macht: Panamakanal in der amerikanisch-chinesischen Rivalität

Matvii Pidlisnyi

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Wichtigste Schlussfolgerungen:

  • Die Spannungen um den Panamakanal nehmen zu, da die USA und China ihren Wettbewerb um die Kontrolle kritischer globaler Infrastrukturen verschärfen und Panama ins Zentrum einer wachsenden geopolitischen Konfrontation rücken.
  • Mit der Rückkehr der Trump-Regierung Anfang 2025 vollzog sich ein Kurswechsel in der US-Politik: Washington drängte Panama, seine Beteiligung an Chinas “Belt and Road Initiative” (BRI) zu beenden – ein Schritt, den Panama als erstes lateinamerikanisches Land tatsächlich unternahm.
  • Zeitgleich erwarb ein von den USA geführtes Konsortium unter Leitung von BlackRock 80-prozentigen Anteil an Hutchison Port Holdings, das zuvor wichtige Kanäle unter chinesischer Verwaltung betrieb. Das 22,8-Milliarden-Dollar-Abkommen gilt als Meilenstein zur Wiederherstellung des US-Einflusses auf maritime Logistikzentren.
  • China verfolgt weiterhin eine langfristige Regionalstrategie, die Infrastrukturinvestitionen (z. B. das Amador-Kreuzfahrtterminal, geplante LNG-Häfen), Soft Power (Konfuzius-Institute) und hochrangige Diplomatie kombiniert, um sich strategischen Zugang in Lateinamerika zu sichern.
  • Trotz dieser Bemühungen verlieren chinesische Investitionen in Panama an Schwung, da der lokale Widerstand wächst und der Druck seitens der USA zunimmt – sichtbar unter anderem am Scheitern geplanter Hafenprojekte und dem Kursverfall von CK Hutchison nach dem BlackRock-Abkommen.
  • Panama steht nun vor einem strategischen Dilemma zwischen den Sicherheitsgarantien der USA und dem finanziellen Engagement Chinas. Die zunehmende militärische Kooperation zwischen den USA und Panama sowie Chinas Neuausrichtung in der Region sind Ausdruck eines umfassenderen Wettkampfs um die Kontrolle globaler Engpässe in einer zunehmend fragmentierten Weltordnung.

Der Panamakanal ist auch heute noch ein wichtiger geostrategischer Engpass, der im Mittelpunkt der sich verschärfenden Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und China steht. Seine Bedeutung geht weit über wirtschaftliche und strategische Aspekte hinaus. Sie umfasst auch Sicherheit und geopolitische Dimension, was ihn zu einem Brennpunkt beider Staaten macht. Der Kanal ist ein kritischer Bestandteil der globalen Infrastruktur, der den Transit von mehr als 5–6 Prozent des weltweiten Seehandels ermöglicht.

Der strategische Wert des Kanals für den Welthandel stieg erheblich 2016, als seine Erweiterung die Durchfahrt größerer Schiffe, insbesondere der sogenannten Neopanamax-Schiffe, ermöglichte. Da der Kanal den Atlantik und den Pazifik miteinander verbindet, ist er von zentraler Bedeutung, vornehmlich für den Transport von Industrie- und Rohmaterialien. Obwohl die Kontrolle über den Panamakanal 1999 im Rahmen der Torrijos-Carter-Verträge offiziell an Panama übergeben wurde, bleiben die Vereinigten Staaten der Hauptverbraucher. Jährlich fahren über 40 % des US-Containerverkehrs durch den Kanal, und rund 70 % der über ihn transportierten Güter stammen aus amerikanischen Häfen oder sind für diese bestimmt.

Eskalation geopolitischer Spannungen rund um den Panamakanal

Die Rückkehr der Trump-Regierung an die Macht in den Vereinigten Staaten hat sichtbare Auswirkungen auf Panamas außenpolitischen Kurs gezeigt. Anfang Januar 2025 erklärte Präsident Trump, China „kontrolliere“ den Panamakanal und die USA müssten ihn „zurückerobern“. Diese Rhetorik spiegelt die zunehmenden strategischen Spannungen in der Region wider.

In den letzten Jahren hat China seine Bemühungen verstärkt, seine Präsenz in Lateinamerika zu festigen, insbesondere im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI), die umfangreiche regionale Investitionen vorsieht. Pekings zunehmend selbstbewusster Ansatz hat Bedenken hinsichtlich einer chinesischen Expansion in Lateinamerika und möglicher langfristiger strategischer Folgen ausgelöst. Als Reaktion darauf haben die Vereinigten Staaten ihre diplomatische Aktivität intensiviert, um ihre Position in Panama zu stärken und dem chinesischen Einfluss entgegenzuwirken. 2025 erläuterte der neu ernannte US-Botschafter in Panama, Kevin Cabrera, die Prioritäten der Regierung in der Region: die Vertiefung der Beziehungen zu Panama und die Zurückdrängung schädlichen chinesischen Einflusses. Diese Erklärung markierte eine deutliche Verschärfung der US-chinesischen Rivalität im Land.

Die Spannungen verschärften sich weiter nach schroffen Äußerungen des US-Verteidigungsministers Pete Hegseth, der vor der chinesischen Bedrohung für den Panamakanal warnte, vornehmlich im Hinblick auf die Häfen Balboa und Cristóbal, die an beiden Enden des Kanals liegen und von einem Konsortium mit Sitz in Hongkong verwaltet werden. Diese Aussagen stießen auf scharfe Kritik seitens der chinesischen Regierung.

Nach Trumps Erklärungen und einem Besuch des US-Außenministers Marco Rubio in Panama, bei dem dieser die panamaischen Behörden aufforderte, ihre Beziehungen zu China neu zu bewerten, gab Panama bald seine Entscheideung bekannt, seine Absichtserklärung hinsichtlich chinesische BRI nicht zu verlängern. Dieser Schritt wurde weithin als Reaktion auf den wachsenden geopolitischen Druck aus Washington gesehen und signalisiert eine strategische Neuausrichtung in Panamas Außenpolitik. Panamas Entscheidung, sich aus der „Belt and Road Initiative“ (BRI) zurückzuziehen, unterstreicht die eingeschränkte außenpolitische Autonomie kleiner Staaten in geostrategisch umkämpften Regionen inmitten der Großmächterivalität.

Der Verwalter des Panamakanals begrüßt den US-Außenminister Marco Rubio am 2. Februar 2025. Panamakanal-Behörde

Im Rahmen der US-Bemühungen, ihren Einfluss über den Panamakanal wiederherzustellen, kündigte die amerikanische Investmentgesellschaft BlackRock im März 2025 gemeinsam mit einem Konsortium weiterer Investoren die Übernahme von einem 80-prozentigen Anteil an Hutchison Port Holdings an. Dieses in Hongkong ansässige Unternehmen betreibt die Häfen Balboa und Cristóbal. Präsident Trump bezeichnete den 22,8-Milliarden-Dollar-Deal als ein „historisches Abkommen, das dem amerikanischen Konsortium die Kontrolle über die Schlüssel des Panamakanals verleiht und ihn den chinesischen Händen entzieht“. Diese Übernahme stellt einen bedeutenden wirtschaftlichen Hebel im geopolitischen Einfluss der USA dar, dessen Ziel ist, China aus diesem kritischen Logistikzentrum zu verdrängen und veranschaulicht den Einsatz der Finanzinstrumente als Teil einer umfassenderen regionalen Dominanzstrategie.

Der außenpolitische Kurswechsel Panamas nach Trumps Amtsantritt illustriert den gezielten Einsatz wirtschaftlicher Hebel durch die Vereinigten Staaten zur Rückgewinnung ihres Einflusses in der Region. Panama war das erste lateinamerikanische Land, das der „Belt and Road Initiative“ (BRI) beitrat uns wurde nun auch das Erste, das offiziell aus der Initiative austrat. Dieser Schritt deutet auf eine Neubeurteilung der strategischen Prioritäten Panamas hin. Zugleich könnte er eine Reaktion auf die nachlassende Wirkung der BRI sein, die durch eine Abnahme der regionalen Projekte und sinkendes finanzielles Engagement Chinas gekennzeichnet ist.

Das Durchsetzungsvermögen Washingtons in der Region stößt jedoch auf gemischte Reaktionen. Bei einem Besuch, in China im Mai 2025 bekräftigte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva die Absicht des Landes, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Beijing weiter zu vertiefen. Auch Kolumbien, trotz historischer Nähe zu Washington, entschied sich für eine engere Anbindung an China durch den Beitritt zur BRI. Die US-Initiativen werden zunehmend als Wiederbelebung der „Big Stick Diplomacy“ wahrgenommen, was viele lateinamerikanische Staaten dazu bewegt, ihre Zusammenarbeit mit Beijing zu intensivieren.

Chinas Strategie in Panama

Seit der Gründung der „Belt and Road Initiative“ (BRI) 2017 hat China seine Präsenz in Panama systematisch ausgebaut. Diese Expansion zeichnet sich durch umfangreiche Investitionen, bedeutende Infrastrukturprojekte und gezielte diplomatische Bemühungen aus. 2023 erreichten die chinesischen Investitionen in Panama 1,4 Milliarden US-Dollar, was einer Vervierfachung gegenüber dem Beginn der BRI entspricht. Gleichzeitig gingen die US-Investitionen, trotz ihres historisch höheren Niveaus, zurück.

Hutchinsons Häfen im Panamakanal gaben den Anstoß für den BlackRock-Deal. Smithsonian Tropical Research Institute, Open Street

Obwohl die Vereinigten Staaten weiterhin der größte Investor in Panama und der Hauptverbraucher des Panamakanals bleiben, gewinnt der Einfluss Beijings im Bereich der Infrastrukturentwicklung zunehmend an Bedeutung. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Chinas Infrastrukturinvestitionen gezielt auf strategische Lücken abzielen, die durch den teilweisen Rückzug der Vereinigten Staaten in der Region entstanden sind. Ein Vorzeigeprojekt, das diesen Ansatz veranschaulicht, ist das Amador-Kreuzfahrtterminal, das wurde von China Harbour Engineering Co. Ltd. auf der Insel Perico nahe dem Pazifik Eingang zum Panamakanal errichtet und im März 2024 offiziell eröffnet.

Zu den von China vorgeschlagenen Infrastrukturinitiativen in der Region des Panamakanals gehören der Bau eines Containerhafens im Gebiet Colón, er auch Flüssigerdgas abfertigen kann, der Ausbau einer 400 Kilometer langen Eisenbahnlinie von Panama City in die Provinz Chiriquí, sowie eine 250 Meilen (ca. 402 km) lange Hochgeschwindigkeitsstrecke bis zur westlichen Grenze Costa Ricas.

Trotz lokaler Widerstände und geopolitischen Drucks seitens der Vereinigten Staaten konnte China bei der Umsetzung dieser Projekte beachtliche Fortschritte erzielen. Nach Angaben der China Development Bank hat China bis 2024 rund 160 Milliarden US-Dollar an Finanzhilfen für über 250 Projekte in 21 lateinamerikanischen Ländern bereitgestellt – ein bedeutender Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region. Diese pragmatische Zusammenarbeit erstreckt sich über die Bereiche Energie, Bergbau, Industrieproduktion, Stromerzeugung und Telekommunikation.

Ein entscheidender diplomatischer Wendepunkt ereignete sich 2017, als Panama seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrach– einer selbstverwalteten Insel, die von China beansprucht wird – und stattdessen seine Beziehungen zu Beijing intensivierte. Seitdem hat China gezielt diplomatische Initiativen in Panama gefördert, unter anderem durch Foren und Gipfeltreffen mit lateinamerikanischen und karibischen Staatschefs, um die Zusammenarbeit im Rahmen der „Belt and Road Initiative“ (BRI) zu vertiefen. Zu den Schlüsselinitiativen gehören das China-CELAC-Forum und der China-Latin America and Caribbean Cooperation Fund.

Darüber hinaus hat China seine Soft Power durch die Errichtung eines Konfuzius-Instituts in Panama ausgebaut, das die chinesische Sprache und Kultur fördert. Ergänzt wird dies durch humanitäre Maßnahmen wie die Spende medizinischer Ausrüstung während der COVID-19-Pandemie. Solche sozialen und humanitären Initiativen sind ein zentrales Element von Chinas Strategie zur Festigung seines diplomatischen Einflusses in der Region.

Inmitten einer sich verschärfenden geopolitischen Rivalität und wachsender Entschlossenheit Washingtons, Chinas Einfluss in Lateinamerika zurückzudrängen, verfolgt Beijing eine systematische Strategie, um seinen Stand in Panama durch den Einsatz von Finanzmitteln, groß angelegten Infrastrukturprojekten und diplomatischen Instrumenten zu festigen. Chinas Ansatz zielt dabei auf institutionelle Lücken ab, welche die Vereinigten Staaten in der Region hinterlassen haben. Seine sichtbare Präsenz, gestützt durch humanitäre Gesten und langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit, hat Beijing zu einem einflussreichen Akteur in der strategischen Landschaft des Panamakanals gemacht. Das hat Washington zu einer grundlegenden Neubewertung seiner Politik in dieser maritimen Schlüsselregion veranlasst.

Panama unter US-Druck: Politischer Kurswechsel

Der wachsende Einfluss Chinas in der Region rund um den Panamakanal hat den amerikanischen Druck auf Panama verstärkt, sich von Peking zu distanzieren. Nach dem Ausscheiden des ehemaligen Präsidenten Juan Carlos Varela stoppte sein Nachfolger Laurentino Cortizo das geplante Eisenbahnprojekt. Auch die Handelsverhandlungen zwischen den Ländern gerieten ins Stocken. 2021 entzog die panamaische Regierung dem chinesischen Unternehmen Landbridge die Rechte am geplanten Containerhafenprojekt, nachdem eine Prüfung Verstöße gegen Vertragsbedingungen aufgedeckt hatte, unter anderem durch unzureichende Investitionen und die Nichtbeschäftigung lokaler Arbeitskräfte entgegen ursprünglicher Zusagen. Diese Entwicklungen warfen erwartungsgemäß Zweifel an der Zuverlässigkeit und Wirksamkeit chinesischer Investitionen auf.

Wirtschaftliche Erwägungen sowie die Enttäuschung über solche Projektumsetzungen führten schließlich zur Beendigung der Partnerschaft zwischen Panama und der „Belt and Road Initiative“ (BRI). Diese Entscheidung löste scharfe Kritik chinesischer Offizieller aus. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums bezeichnete den Schritt als Zwangsmaßnahme der Vereinigten Staaten, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit im Rahmen der BRI zu diskreditieren und zu untergraben. Er betonte, dass Panama die Langfristigkeit der bilateralen Beziehungen mit China berücksichtigen und sich äußeren Einflüssen widersetzen solle.

Das Abkommen mit BlackRock, das dem amerikanischen Finanzkonsortium den Zugang zur Hafeninfrastruktur gewährt, stellte einen entscheidenden Wendepunkt in der strategischen Neuausrichtung Panamas dar. Dieser Schritt begrenzte nicht nur Chinas wirtschaftlichen Handlungsspielraum, sondern veranlasste auch eine grundsätzliche Neubewertung der Kontrollarchitektur globaler Lieferketten in der mittelamerikanischen Region.

Ein Frachtschiff durchquert im September 2024 die Agua Clara chleusen des Panamakanals. Matias Delacroix/AP

Der Rückzug Chinas aus groß angelegten Infrastrukturvorhaben und die Aussetzung strategischer Projekte bedeuteten einen herben Verlust an Einflussinstrumenten für Beijing. Für die USA hingegen bot sich eine günstige Gelegenheit, eine Alternative anzubieten – eine verlässlichere und strategisch motivierte Form der Kooperation, die sich im BlackRock-Abkommen konkretisierte. Diese Vereinbarung signalisierte nicht nur eine Verlagerung von Panamas außenpolitischer Ausrichtung, sondern markierte zugleich eine neue Phase im Ringen um die Kontrolle über eine entscheidende logistische Ader.

Eine weitere Dimension der sino-amerikanischen Spannung bestand in den Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der erklärte, die Vereinigten Staaten müssten die Kontrolle über denPanamakanal „zurückerobern“ und chinesischen Bestrebungen entgegenwirken, um den Kanal für eigene Zwecke zu nutzen. Dabei wurde sogar der mögliche Einsatz militärischer Mittel angedeutet, einschließlich einer Wiederstationierung amerikanischer Truppen in Panama, um den strategisch wichtigen Kanal zu sichern. Diese Rhetorik steht für eine Radikalisierung der US-Außenpolitik als Reaktion auf Chinas wachsenden Einfluss und ist Teil einer übergeordneten Strategie zur Wiederherstellung amerikanischer Hegemonie in traditionell als „Einflusssphäre“ betrachteten Regionen.

Der panamaische Präsident José Raúl Mulino wies Trumps Behauptungen zurück und betonte die Souveränität Panamas über den Kanal. Die panamaische Regierung wandte sich an die Vereinten Nationen und brachte ihre Besorgnis zum Ausdruck, dass Trumps Rhetorik gegen die Grundprinzipien der UN-Charta verstoße. Inmitten dieser Atmosphäre zunehmender Konfrontation und regionaler Polarisierung steht Panama nun vor einem strategischen Loyalitätsdilemma zwischen zwei Großmächten.
Chinas Antwort auf Trumps Vorwürfe kam vom Außenminister, der betonte, China sei nie an der Verwaltung oder dem Betrieb des Kanals beteiligt gewesen, respektiere Panamas Souveränität und erkenne den Kanal als dauerhaft neutrales internationales Gewässer an. Offizielle Vertreter Chinas bezeichneten Trumps Aussagen als provozierend, unbegründet und als Widerhall der Denkweisen vom Kalten Krieg. Im März 2025 veröffentlichte die chinesische Staatszeitung Ta Kung Pao eine Reihe scharfer Artikel, in denen CK Hutchison Holdings wegen der geplanten Veräußerung panamaischer Hafenanlagen an das US-geführte BlackRock-Konsortium kritisiert wurde. Die Veröffentlichung dieser Artikel auf offiziellen Webseiten des Büros für Hongkong- und Macao-Angelegenheiten der chinesischen Regierung verdeutlichte Beijings Unzufriedenheit.

Die Auswirkungen dieser Rhetorik gingen weit über politische Reaktionen hinaus. Insbesondere die unnachgiebige Haltung Washingtons und die darauf folgenden Maßnahmen Panamas fügten der chinesischen Seite erhebliche wirtschaftliche Verluste zu, sichtbar im drastischen Kursverfall der Aktien von CK Hutchison, dem Betreiber wichtiger Hafenanlagen am Kanal. Die Einwilligung von CK Hutchison Holdings, seine Mehrheitsbeteiligung an panamaischer Hafeninfrastruktur an ein von BlackRock geführtes Konsortium zu verkaufen, löste eine historische Marktreaktion aus: Die Aktien des in Hongkong ansässigen Unternehmens fielen innerhalb eines Tages um 6,7 % – der stärkste Einbruch seit fünf Jahren. Dieser heftige Ausverkauf und der Börsencrash unterstrichen die Verstrickung des Unternehmens in die eskalierende geopolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und China. Der Verkauf unter zunehmendem geopolitischem Druck untergrub das Vertrauen in die langfristige Stabilität chinesischer Investitionen in Lateinamerika.

Das BlackRock-Abkommen, das im direkten Zusammenhang mit Trumps kontroversen Aussagen abgeschlossen wurde, lässt sich daher nicht nur als wirtschaftlicher Vorgang, sondern als geopolitische Machtdemonstration interpretieren. Auch wenn CK Hutchison politische Einflussnahme abstritt und die Transaktion als rein kommerzielle Entscheidung darstellte, fällt der Zeitpunkt des Abkommens mit dem Höhepunkt des US-Drucks und die US-Bestrebungen zusammen, Chinas Präsenz in dieser strategisch sensiblen Region zurückzudrängen. Somit kann das Abkommen nicht nur als eine finanzielle Transaktion, sondern auch als eine Art politische Erklärung interpretiert werden – ein Zeichen für die Wiederherstellung der amerikanischen Kontrolle über wichtige logistische Anlagen in der Nähe des Panamakanals.

Aus strategischer Sicht internalisierten die Vereinigten Staaten effektiv Infrastruktur, die zuvor unter chinesischen Einfluss geraten war, und nutzten dabei gezielt privatwirtschaftliche Akteure als Instrument zur Durchsetzung geopolitischer Interessen.

Anhaltende Machtkämpfe und Panamas strategisches Dilemma

Im April 2025 unterzeichneten die Vereinigten Staaten und Panama ein Sicherheits- und Kooperationsabkommen, das US-Militärpersonal Zugang zu ausgewählten panamaischen Einrichtungen gewährt. Dieser Schritt löste im ganzen Land eine Welle von Protesten aus, bei denen die Bevölkerung in groß angelegten Demonstrationen in der Hauptstadt ihre Ablehnung gegenüber einer vertieften militärischen Zusammenarbeit zum Ausdruck brachte.

Diese Reaktionen wurden zum Teil durch historische Ressentiments ausgelöst, insbesondere durch das kollektive Gedächtnis an die US-Invasion von 1989, bei der das Noriega-Regime gestürzt wurde. Dieses Ereignis hat tiefe Spuren hinterlassen und ein dauerhaftes Misstrauen gegenüber einer amerikanischen Militärpräsenz gefördert. Die Demonstrierenden äußerten die Sorge, dass eine derart verstärkte Kooperation Panamas Souveränität untergraben und zu übermäßiger ausländischer Einflussnahme führen könnte.

In einem größeren geopolitischen Kontext lässt sich das Abkommen als Schritt zum Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur in Mittelamerika interpretieren. Gleichzeitig sendet es ein deutliches Signal an Beijing: Washington ist bereit, seinen wirtschaftlichen Einfluss durch eine militärisch-strategische Präsenz zu untermauern.

Der US-Botschafter in Panama, Kevin Cabrera, gibt am 8. Mai 2025 eine Pressekonferenz in Panama City. AP Photo/Matias Delacroix

Infolgedessen verschiebt sich das regionale Machtgleichgewicht zunehmend zu Ungunsten Chinas: Die Bemühungen der USA, die Expansion Beijings einzudämmen, werden immer intensiver, und die panamaisch-amerikanische Partnerschaft könnte den Grundstein für neue regionale Allianzen legen

Allerdings wäre es verfrüht, von einer vollständigen Rückkehr des amerikanischen Einflusses in Lateinamerika zu sprechen. Washingtons Maßnahmen, insbesondere sein Vertrauen in den privaten Sektor und seine Konzentration auf Sicherheitspartnerschaften ohne offenkundigen Militäreinsatz, deuten auf einen schrittweisen, hybriden Ansatz hin. Zwar fehlt diesen Maßnahmen ein formaler politischer Rahmen, doch sind sie eindeutig im weiteren Kontext der strategischen Rivalität zwischen den USA und China eingebettet. Man könnte behaupten, dass es sich dabei um eine diplomatisch verschleierte Wiederherstellung des US-Einflusses handelt, die sich auf ein Dreieck aus Finanzen, Politik und Verteidigung stützt.

Trumps Rhetorik unterstreicht den anhaltenden Anspruch, die Dominanz der USA in der Region wiederherzustellen – ein Kurs, der China dazu veranlasste, CK Hutchison zur Überprüfung seines geplanten Verkaufs der Mehrheitsbeteiligung an amerikanische Investoren zu drängen. Trotz des zurückhaltenden diplomatischen Tons Beijings offenbart diese Warnung eine tiefe Besorgnis und ein klares Bestreben, eine weitere Verschiebung des regionalen Gleichgewichts zulasten chinesischer Interessen zu verhindern.

Schlussfolgerungen

Wie erwartet wird der Panamakanal als ein entscheidender maritimer Engpass an geopolitischer Bedeutung gewinnen und zunehmend zum Brennpunkt der Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China werden. Die erneute Behauptung amerikanischer „Dominanz“ wurde durch das BlackRock-Abkommen sowie die Vertiefung der militärisch-politischen Zusammenarbeit zwischen Panama und den USA in Gang gesetzt. Washington beabsichtigt jedoch nicht, radikal offen aufzutreten, sondern setzt vielmehr auf flexible Strategien, darunter wirtschaftliche Einflussnahme durch private Akteure und politische Rhetorik, die ohne formale Doktrin auskommt.

China wird demnach gezwungen sein, seine Investitionsstrategien in Lateinamerika neu zu überdenken – ein vollständiger Rückzug aus der Region ist jedoch kaum zu erwarten. Der Kursverlust der CK-Hutchison-Aktie und die politischen Nachwirkungen des BlackRock-Abkommens, die zwar stillschweigend hingenommen wurde, aber weithin als Ausdruck amerikanischen politischen Drucks gilt, zwingen Peking dazu, die Grenzen seines regionalen Einflusses anzuerkennen. Für China bedeutet dies, dass es seine Präsenz durch wirtschaftliche, humanitäre, bildungsbezogene und kulturelle Initiativen weiter ausbauen muss.

Diese Entwicklungen führen für Panama langfristig zu einem strategischen Loyalitätsdilemma. Eingeklemmt zwischen dem zunehmenden Druck beider Großmächte wird das Land versuchen, politische Neutralität mit wirtschaftlicher Abhängigkeit in Einklang zu bringen. Die Partnerschaft mit den USA eröffnet Zugang zu umfangreichen Investitionen, Großprojekten und sicherheitspolitischen Garantien. Gleichzeitig bieten die Beziehungen zu China eine verlässliche finanzielle Lebensader, die zu den bedeutendsten der Region zählt.

Der Wettbewerb zwischen Washington und Beijing in Panama erweist sich somit als langwieriger Kampf um normative Vorherrschaft und institutionelle Präsenz. Er prägt eine neue geostrategische Realität, in der die Kontrolle über einen zentralen logistischen Knotenpunkt nicht nur wirtschaftliches Prestige, sondern auch strategischen Vorteil im globalen Machtgefüge bedeutet.


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